Erstens kommt's anders, und zweitens, als man denkt.
Ein Gedanke – und schon geht die Grübelei los. Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit dem Bau eines weiteren Bootes und steckte dabei in vielen Details fest, für die es nicht nur Ideen, sondern brauchbare Lösungen braucht. Natürlich sind die Kollegen des Sonar immer neugierig, was ich als nächstes auftischen werde, verraten hatte ich es bisher nicht, es kam prompt von Stefan Schmitz die Frage, auf welches Modell ich sonst Lust hätte, "Möglichst alt" war die Antwort. "Wie wär's mit einer C-Class?" Hmmm, da brauchte es noch Informationen dazu, die bekam ich auch schnell, Norbert Heinrichs hatte die C vor etwa 17 Jahren auf Kiel gelegt. "Davon hab ich noch die Form hier und könnte Dir einen Rumpf laminieren" war Stefans Angebot. Also untersuchte ich zunächst, wie sich die C neben meinem "Projekt" machen würde, wenn ich dieses ändern und den Maßstab an die C anpassen würde. Offensichtlich gut, so "reingeschoben" nahm der Bau schließlich seinen Lauf.
It's a long way to Tipperary!
Stefan hatte ordentlich Laminat aufgetragen, irgendwann kamen die Einzelteile mit der Post und wurden provisorisch zusammen gesteckt. Und so begann wieder die Grübelei: wie hatte die Kiste tatsächlich ausgesehen? Es stimmte offensichtlich etwas nicht so ganz. Es sind nach über 100 Jahren nicht gerade viele Quellen übrig geblieben, diese gilt es erst mal auszumachen und zu ergründen. Nach intensiven Recherchen im www hatte ich zwar schon etliches gefunden, trotzdem mussten zu den Plänen weitere Fotos her, zum Glück gibt es hilfsbereite Kollegen im Sonar wie Kai Perkuhn und Norbert Brüggen, die mit Bildmaterial aushelfen konnten. Manchmal hilft viel auch viel, damit wurde die Sache langsam klarer. Der Turm musste deutlich schmaler werden, das Deck breiter und flacher mit passenden Aussparungen für die Abgasanlage und die Wasserabläufe. Hatte Norbert Heinrichs damals noch 2 Bajos verbaut, um auch das vordere Tiefenruder anlenken zu können, sollte hier einer genügen.
Schwierig an der C-Klasse ist, die tatsächliche Bauausführung zu beurteilen. Die Dinger lagen fast den ganzen Krieg im Hafen bzw. Dock und wurden gewienert, geschrubbt, permanent um- und ausgebaut. Je nachdem, von welchem Boot in welchem Stadium man etwas sieht, können die Ergebnisse sehr unterschiedlich sein. Irgendwann muss man sich halt für eine Variante entscheiden, in diesem Falle wurde es dann die C5 in relativ früher Ausführung. Lange habe ich z.B. über die Kettenfestmacher gerätselt, Pläne verraten oft wenig und sind ungenau, Fotos sind undeutlich, oft in nur sehr geringer Auflösung verfügbar und zeigen meist nur eine schlechte Perspektive, da dem Photographen für den Modellbauer interessante Details nicht wichtig waren – wenn sie überhaupt gezeigt werden durften. Bis ich überlegte, wie ich es selbst denn anstellen würde und mir irgendwann ein Licht aufging.
Rumpfhälften verkleben und zur Verstärkung laminieren ist keine wirkliche Kunst, für den passenden Bajonettverschluss hatte Norbert Brüggen noch die Daten und lies ein Exemplar fräsen, er hat an der vorgesehenen Stelle im Heck genau den Aussendurchmesser des Rumpfes. "Never change a winning team" sagt der Tommy, so sagte ich es auch, es kommt 1:1 das Technikgerüst meines XXII-er zum Einsatz. Mit 2 Änderungen: es ist wegen des 1000 ml Tauchtanks länger und hat am hinteren Ende noch eine Sektion zur Aufnahme der 2 x 3 A123 LiFePos, welche radial wie in einer Revolvertrommel angeordnet sind. Das Technikgerüst wird dafür nach hinten verlängert, ins Heckteil eingeschoben und verschraubt.
Als Antrieb wurde ein Roxxy Aussenläufer-Brushless verbaut, dieser sitzt auf einem gedrehten Messingflansch mit Lager und Simmerring, daran angelötet ist das Stevenrohr. Dieses wird samt Welle in ein Führungsrohr eingeschoben, welches vom Schott bis ins Heck reicht und wiederum mit einem Simmerring am Schott abgedichtet wird. Am Flansch ist ein Kragen aufgeklebt, welcher mittels 4 Gewindeschrauben gegen eine Halterung verschraubt wird, damit wird zugleich der Motor fluchtend ausgerichtet. Dadurch brauchen nur 2 Schrauben, mit denen die Halterung am Rumpf verbunden wird, gelöst werden und die gesamte Antriebseinheit kann heraus gezogen werden. Es muss ja nicht jedes Rad neu erfunden werden, oft ist es einfacher, auf Bewährtes zurück zu greifen: den Tauchtank hat Stefan Schmitz gefertigt, die Tauchtanksteuerung stammt von Marco Rohleder, der LTR6 von Norbert Brüggen, den magnetischen Betriebsschalter hatbe ich mit einem BTS555 nach einer Rezeptur von Stefan gebaut, wobei ich etwas neues ausprobiert habe. Um die Platine nicht umständlich belichten zu müssen, habe ich die Schaltung am Computer gezeichnet und mit seinem Schneideplotter seitenverkehrt ausgeschnitten und auf die Platine geklebt. Nach dem ätzen und abziehen der Klebefolie blieben wunderbare Kupferbahnen übrig. Geht doch!
In weiser Voraussicht hatte ich von Anfang an versucht, die wasserdichte Abteilung so weit wie möglich nach vorne zu bekommen, um mit dem Schwerpunkt in die zu 80 % geflutete Position des Tauchtanks zu kommen. Deshalb musste das Stevenrohr gut 37 cm lang werden, von Graupner gibt es keine mehr und selbst wenn, wären sie nicht ausreichend lang gewesen. Deshalb wurde aus einem Messingrohr, einer 4 mm Edelstahlwelle und eingepressten, gesinterten Gleitlagern selbst ein Stevenrohr gebaut.
Die vorderen Tiefenruder werden zusammen mit den hinteren über Bowdenzüge aus 1 mm Edelstahldraht, geführt in Messingröhrchen, von einem gemeinsamen Servo angesteuert. Schliesst man ein Ruder an einem Ende des Servohebels und das andere am anderen Ende an, so bewegen sich beide gegenläufig und können damit synchron auf- und abwärts gestellt werden. Zunächst wurde versucht, die notwendige Verbindung der Anlenkung mit Magneten zu realisieren, um dann aber letztendlich wie bei der U-556 von mir auf eine Klauenkupplung zu gehen, welche beim schliessen des Bajos ins Gegenstück einrastet, sie muss allerdings sorgfältig ausgerichtet werden. Plastilin ist zur ersten Lokalisierung eine gute Hilfe (man sieht in den Rumpf halt nicht hinein), die Stellung der Klauen will vor jedem verschliessen trotz Einführungshilfe peinlichst überprüft werden, sonst gibt es Gestängesalat. Dazu kommt noch eine simple Stromkupplung für die Positionslichter im Turm, somit befinden sich im Vorderteil nur noch die Ballastgewichte, welche aus übrig gebliebenen Auswuchtgewichten des örtlichen Autoreparaturbetriebes gegossen wurden.
Die Hülle der C bestand aus 8 Plattenreihen, welche von der Seite ausgehend nach unten und oben aufeinander gesetzt wurden. Am hinteren und vordern Ende waren die Übergänge geglättet worden. Diese Überlappungen sind mit aufgeklebten Polystrolstreifen nachgebildet, welche mit Spachtel auf einer Seite aufgefüllt und verschliffen wurden.
Von den Rudern und Finnen hatte Norbert Brüggen aus der Zusammenarbeit an der C mit Norbert Heinrichs noch ein gefrästes Exemplar tief unten in seiner Devotionaliensammlung liegen, welches gleich bei ihm abgestaubt wurde, wieder etwas weniger Arbeit. Für die Verstärkungen der Ruder wurde erneut der Schneideplotter mit Vektordaten gefüttert, diese negativ ausgeschnitten, aufgeklebt und dann mit Epoxi aufgefüllt und verschliffen, nach dem abziehen der Schneidefolie bleiben die Strukturen erhaben stehen.
Die Nieten an den Finnen und am Bug sowie dem aufgesetztem Deck sind mit Weissleim und Draht getupft, wer sich wundert, warum entgegen der Zeit keine weiteren zu sehen sind, einfache Erklärung: man hat versenkte Nieten verwendet und die Spalte mit Ölspachtel verfüllt und verschliffen. Schönheit ging wohl vor.
Das ursprüngliche Deck deckte sich gar nicht meinen Vorstellungen, Höhe, Breite, fehlende Aussparungen, Relingtaschen, Tritte und sogar der hintere Abschluss, der A-förmig war, stellten keine unlösbare Aufgabe dar, machten aber doch etwas Mühe, entsprechend geformte und verklebte GFK-Platten bildeten die Basis für eine gute Lösung. Gleiches gilt für den Turm, der erst nach kräftigen Umbauarbeiten in Resin gegossen tauglich wurde. Um später noch an die LED's der Positionslichter zu kommen, kann der Turm abgenommen werden, er wird mit einer Gewindestange im Seerohr mit dem Rumpf verschraubt. Die Klappen des Decks und die Torpedoklappen sind per Hand mit einer Nadel graviert, die Scharniere aus Polystrolstreifen und Draht aufgeklebt.
Welch ein Segen ist doch ein Wurstleger! Steuerstand, Kompass, Kettenfestmacher, Relingtaschen, Turmoberteil und die Bögen der Abgasrohre habe ich in 3D konstruiert und Teile bei Shapeways drucken lassen, eine tolle Erleichterung und ein tolles Resultat. Da das white strong & flexible Material aber eine raue Oberfläche hat, habe ich es zweimal mit Epoxi eingepinselt und verschliffen. Um die Verschraubungen der Flansche der Abgasrohre darzustellen, hatte ich schon begonnen, 1,5 mm und 1 mm Messing Sechskantrohr abzuschneiden und auf die richtige Stärke zu bringen, bis cihirgendwann bei den MoBa-nern fündig wurde und dort Schrauben- und Mutternimitate samt Unterlegscheiben fand. Diese wurde dann sauber ausgerichtet auf die Flansche und Finnen geklebt. Ich beteuere dabei, peinlichst darauf geachtet zu haben, nur Zollschrauben zu bekommen ;-))
Für die Relingstützen wurden die unteren Anlenkungen aus 1 mm Messing gefeilt und mit der Stütze verlötet. Die oberen Ösen wurden als Vektordatei gezeichnet und aus 0,4 mm Messing geätzt und ebenfalls aufgelötet. Mitsamt der Achse in der Tasche verklebt, können die Stützen wie beim Original umgelegt werden.
Da ich nicht über eine Fräse verfüge, habe ich alle anderen Bauteile wie Klappen, Stützen, Bleche, Luk, Anker etc. pp. mit Messer, Säge, Zange und vor allem Feilen händisch angefertigt. Für die Lackierung kommt bei mir nur stumpfmatter 2K-Lack in Frage, der auch nicht mit Klarlack überzogen werden braucht. Für die Bootsnummern kam natürlich wieder mein Schneideplotter zum Einsatz, um Schablonen dafür zu schneiden.